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Antike griechische Vasen in der Sammlung des Badischen Landesmuseums
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters
von Katharina Voll
10
min Lesezeit

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Gebrannte Geschichten – Was antike griechische Vasen heute noch erzählen


Für viele Menschen sind sie einfach nur Ausstellungsstücke in Museen oder Teil archäologischer Sammlungen – verschieden große und geformte Gefäße hinter Glas. Verziert mit Szenen, die mal klar erkennbar sind, mal Rätsel aufgeben. Die Rede ist von Vasen – genauer gesagt: Vasen aus der Zeit des antiken Griechenlands. In der Archäologie bezeichnet der Begriff „Vase“ nicht die uns bekannte Blumenvase, sondern gebrannte Gefäße aus Ton, die vielfältige Funktionen und Zwecke erfüllten. Diese Vasen waren mehr als nur Alltagsgegenstände – sie waren ein zentrales Medium ihrer Zeit. Bis heute erzählen sie uns viel über das Leben, den Glauben und die Gesellschaft der antiken Welt. Gleichzeitig sind sie beeindruckende Kunstwerke und ein wichtiges kulturelles Erbe, das uns mit einer längst vergangenen Zeit verbindet.

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Verborgen hinter Glas – Antike Keramik als Spiegel der Vergangenheit

Auch das Badische Landesmuseum besitzt eine vielfältige und bedeutende Sammlung antiker Vasen, die bereits ab 1837 gesammelt wurden. Mit rund 600 Gefäßen aus dem klassischen Mittelmeerraum zählt die Sammlung zu einer der bekanntesten in Deutschland.

Für die meisten Besucher*innen zeigen diese Gefäße auf den ersten Blick vor allem schöne und interessante Bilder. Ihre Bedeutung erschließt sich oft erst beim Lesen der Objektbeschriftungen – ehrlicherweise manchmal selbst dann nicht. Warum es sich trotzdem lohnt, einen zweiten Blick auf die Bilder zu wagen, was uns die Vasen über die antike Welt verraten und warum ich sie so faszinierend finde, möchte ich im Folgenden anhand einiger Beispiele vorstellen.

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Antike Vasen, verpackt und bereit für die 3D-Digitalisierung im Projekt 3D4Vases.
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Anders als noch im 19. und 20. Jahrhundert ist das öffentliche Interesse an den Gefäßen heute eher zurückgegangen. Dabei hätten sie es verdient, uns auch jetzt wieder zu faszinieren – einerseits beeindrucken sie durch ihre kunstvolle Herstellung und Gestaltung, andererseits berichten sie von mythischen Geschichten und Figuren. Dass diese Erzählungen auch im 21. Jahrhundert noch relevant sind, zeigen die zahlreichen Adaptionen und Neuerzählungen in Büchern, Filmen und Serien der modernen Popkultur.

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Antike griechische Vase mit kriegerischen Szenen, rotes Tonmaterial mit schwarzer Malerei, elegante Form und Details.
Beispiel schwarzfigurige Vasenmalerei, Inv. B 3026
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters
Antike griechische Amphore mit detaillierten roten Figuren, die mythologische Szenen und Tänze zeigen.
Beispiel rotfigurige Vasenmalerei, sog. Parisvase, Inv. B 36
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Vom Ton zum Bild

Um ein besseres Verständnis für die antike Vasen zu entwickeln, muss man ihre Herstellung und das verwendete Material kennen. Griechische Vasen wurden aus Ton geformt und mit Tonschlicker bemalt. Anschließend wurden sie mit einer speziellen Technik gebrannt. Dieser sogenannte Drei-Phasen-Brand ermöglichte dabei die charakteristische zweifarbige Gestaltung: Im schwarzfigurigen Stil erscheinen die Figuren – wie die Bezeichnung schon sagt – schwarz auf rotem Ton, im rotfigurigen Stil hingegen in rot mit schwarzen Umrissen und Hintergrund. Der schwarzfigurige Stil ist älter und tritt ab der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. auf. Um 530 v. Chr. entwickelte sich der rotfigurige Stil, der sich bald durchsetzte und seitdem fast ausschließlich verwendet wurde.

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Zwei Figuren auf einer antiken Schale: eine arbeitet an einem Topf, die andere sitzt und beobachtet.
Kylix mit Töpferdarstellung: der linke Mann formt den Ton, der rechte dreht die Töpferscheibe an, Inv. 67/90, 540/530 v. Chr., attisch schwarzfigurig, Art des Kentauren-Malers
© Badisches Landesmuseum, Thomas Goldschmidt

Die so hergestellten Gefäße gab es in vielen verschiedenen Formen und Größen – jede hatte ihre eigene Funktion: Manche dienten zum Trinken, andere wurden für den speziellen Einsatz im Totenkult verwendet, wieder andere waren für besondere Rituale, wie für die Hochzeit, gedacht.

Aber wer hat die Vasen hergestellt? Es gab spezialisierte Maler und Töpfer sowie Werkstätten, in denen die Gefäße produziert wurden. Manche dieser Künstler verewigten sich sogar selbst auf den Vasen, indem sie ihre Namen darauf schrieben. Einige von ihnen sind heute in der Fachwelt prominent, fast wie „Monets“ oder „Picassos“ der Antike. Solche Meister der Vasenmalerei finden sich auch in der Sammlung des Badischen Landesmuseums, darunter die bekannten Maler Duris und Exekias, der vielleicht berühmteste unter ihnen.

Antike griechische Vase mit schwarzfiguriger Darstellung von zwei in Bewegung befindlichen nackten Figuren.
Zwischen den beiden Figuren steht auf Altgriechisch „Nikosthenes epoíesen“ (Nikostehnes hat es hergestellt), Inv. 64/52, um 530 v. Chr., attisch schwarzfigurige Amphora
© Badisches Landesmuseum, Thomas Goldschmidt
Kolonettenkrater mit Odysseus-Darstellung, Inv. B 32, um 510 v. Chr., attisch schwarzfigurig, Sappho-Maler
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Die versteckten Geschichten

Doch welche Geschichten erzählen die Vasen eigentlich? Kurz gesagt: fast die gleichen, die auch heute noch erzählt werden – nur eben nicht in Instagram-Posts oder Netflix-Serien, sondern auf Keramikgefäßen. Neben mythologischen Erzählungen über Gottheiten und fantastische Mischwesen zeigen sie auch Szenen aus dem Alltag. Sie geben uns Einblicke in das Leben, den Glauben und die gesellschaftlichen Vorstellungen der Antike.

Einige Darstellungen auf den Gefäßen dienten dazu, den Menschen Geschichten zu erzählen, zum Beispiel Episoden aus der berühmten Odyssee des antiken Dichters Homer. Auf einem sogenannten Krater ist Odysseus zu sehen, der unter einem Widder festgebunden ist. In Homers Erzählung entkommt der listige Odysseus so aus der Höhle des Zyklopen Polyphem – nur eines von vielen Hindernissen auf seiner langen Heimreise vom Trojanischen Krieg. Wer genau hinschaut, entdeckt um die Szene herum Buchstaben, die sich um die Darstellung schlängeln. Solche Beischriften können beim Entschlüsseln des Bildmotivs helfen, indem sie beispielsweise die dargestellten Figuren benennen. In diesem Fall handelt es sich jedoch um eine sogenannte Nonsens-Inschrift, also eine bedeutungslose Aneinanderreihung von Buchstaben, die nichts zur Entschlüsselung beiträgt.

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Detailaufnahme der Buchstaben, die jedoch keinen Inhalt haben, Inv. B 32
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Neben Beischriften helfen bei Darstellungen von Gött*innen und Held*innen bestimmte Erkennungsmerkmale, sogenannte Attribute, bei der Identifikation. Herakles ist zum Beispiel an seiner Keule und dem übergeworfenen Löwenfell gut zu erkennen. Die Geschichten von Gött*innen und Held*innen waren für die Griech*innen nicht nur einfache Erzählungen, sie hatten eine zentrale Bedeutung für ihre Gesellschaft, Religion und Identität. Sie durchdrangen nahezu alle Lebensbereiche und waren ein Mittel, die Welt zu erklären, Werte zu vermitteln und kulturelle Zugehörigkeit zu stiften.

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Antike Vase mit schwarzer und roter Ornamentik, schmalem Hals und rundem Fuß vor schwarzem Hintergrund.
Vollständig erhaltene Lekythos mit typischer zylindrischer Form mit Palmetten-Darstellung, Inv. B 81
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Andere Vasen zeigen Szenen aus dem Alltag, etwa die Grabpflege, ein zentrales Ritual im Totenkult des klassischen Athen (ca. 480–330 v. Chr.). Man glaubte, dass bei der pflichtbewussten und sorgfältigen Pflege des Grabes – mit Trankopfern und dem Schmücken des Grabsteins mit Bändern (sog. Taenien) – eine Begegnung mit der verstorbenen Person am Grab noch einmal möglich war. Eine solche Szene findet sich auf einer sogenannten Lekythos. Dieses Gefäß hat die Form einer schlanken Flasche mit schmalem Hals, die meistens mit kostbaren (Duft-) Ölen gefüllt war. Besonders im 5. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich die Lekythos zu einer typischen Gefäßform für den Grabbereich. Sie konnten am Grab aufgestellt werden oder als Grabbeigabe mitgegeben werden.

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3D Scan

3D Modell einer unvollständig erhaltenen Lekythos mit zwei Frauen am Grab, Inv. B 1528, um 420 v. Chr., weißgrundig, Tymbos-Maler

© Badisches Landesmuseum

Ein weiteres Objekt aus der Sammlung des Badischen Landesmuseums ist eine Kylix, eine Trinkschale, deren Bemalung nicht nur ihren Gebrauch veranschaulicht, sondern auch eine Szene zeigt, die uns heute nicht unbekannt ist und schmunzeln lässt. Auf der sogenannten „Zecherschale“ sind – wie der Name schon andeutet – Personen beim gemeinsamen Trinken abgebildet. Auf der einen äußeren Schalenseite liegen sie beim Symposion, einem Trinkgelage, beieinander. Auf der anderen Seite sind sie torkelnd auf dem Heimweg dargestellt. Im runden Innenbild der Schale stützt ein Diener einen Mann, dem das Wein-Wasser-Gemisch offenbar nicht gut bekommen ist.

Griechische Trinkschale mit rotfigürlichen Darstellungen von Szenen, vermutlich aus dem antiken Griechenland.
Die sog. Zecherschale, Inv. 70/395, um 480 v. Chr., attisch rotfigurige Kylix, dem Vasenmaler Duris zugeschrieben
© Badisches Landesmuseum, Thomas Goldschmidt
Die sog. Zecherschale, Inv. 70/395, um 480 v. Chr., attisch rotfigurige Kylix, dem Vasenmaler Duris zugeschrieben
© Badisches Landesmuseum, Thomas Goldschmidt

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Diese Darstellungen zeigen nicht nur überraschende Parallelen zu heutigen Feiern, sondern verraten auch viel über die gesellschaftlichen Normen im antiken Athen. Bei genauerem Hinsehen fällt nämlich auf, dass keine Frauen mit abgebildet sind. Dies liegt daran, dass das Symposion eine reine Männerveranstaltung war, bei der die Ehefrauen nicht zugelassen waren. Ein anderes spannendes Detail ist die dargestellte Verwendung der Trinkschalen: Man griff sie nicht an den beiden seitlichen Henkeln, sondern unter dem Standfuß. Dabei war Geschick gefragt. Wer das Getränk verschüttete, galt als betrunken, und das war verpönt. Denn Trunkenheit wurde als unzivilisiert angesehen – ein Verhalten, das den „Barbaren“ zugeschrieben wurde, im Kontrast zum Idealbild des maßvollen attischen Bürgers.

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Antike griechische Vase mit Abbildungen von zwei Männern in einer intimen Szene, umgeben von ornamentalen Mustern.
Tondo der sog. Zecherschale: Ein junger Mann hält den Kopf des bärtigen Mannes fest, der sich selbst Erleichterung verschafft; unter ihm steht eine Speischüssel
© Badisches Landesmuseum, Thomas Goldschmidt
Antike griechische Vase zeigt einen behelmten Mann mit Schwert und Schale, umgeben von mystischen Symbolen.
Detailaufnahme der richtigen Verwendung der Kylix, Inv. 70/395
© Badisches Landesmuseum, Thomas Goldschmidt

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Alte Vasen – noch aktuell?

Die hier gezeigten Beispiele aus der Sammlung des Badischen Landesmuseums ließen sich problemlos um viele weitere Vasen ergänzen – jede von ihnen erzählt ihre eigene Geschichte. Um die besondere Bedeutung dieser Gefäße wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und sie auch für ein heutiges Publikum neu erlebbar zu machen, wurde das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mitfinanzierte Forschungsprojekt 3D4Vases gestartet.

Ziel des Projekts ist es, die antiken Vasen wissenschaftlich aufzuarbeiten und sie systematisch digital zugänglich zu machen. Durch hochauflösende 3D-Scans lassen sich die Gefäße von allen Seiten und bis ins kleinste Detail betrachten – selbst Fingerabdrücke der Töpfer und Maler werden sichtbar. Eine faszinierende digitale Zeitreise auf den Spuren der Antike!

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Einblick in das 3D-Scanverfahren für das Projekt 3D4Vases im Badischen Landesmuseum
© Badisches Landesmuseum, ARTIS Uli Deck
Antiker Krug mit geschwungenem Henkel und beige, teilweise bemalter Oberfläche.
Am Hals einer Lekythos sind noch die Fingerabdrücke zu erkennen, Inv. B 1842, 1. Viertel 5. Jh. v. Chr.
© Badisches Landesmuseum

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Am Ende bleibt die Frage: Was macht antike Vasen so besonders? Warum lohnt es sich, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken?

Für mich ist diese Antwort einfach: Sie sind wie Fenster in eine andere Welt. Eine Welt, die auf den ersten Blick fremd erscheint, auf den zweiten aber oft überraschend vertraut wirkt. Denn in diesen Gefäßen aus gebranntem Ton spiegeln sich einerseits Themen wider, die uns auch heute noch beschäftigen: Liebe, Identität, Macht, Krieg, Glaube und Alltag. Andererseits haben sie auch etwas sehr Persönliches und Nahbares an sich. Für mich ist die Vorstellung immer wieder faszinierend, dass eine Person vor über 2000 Jahren den gleichen Gegenstand vor mir angesehen, ja, sogar in der Hand gehalten und benutzt hat.

Man kann abschließend somit sagen, dass antike Vasen häufig keine Geschichten erzählen, die sofort den ganzen Inhalt preisgeben. Wer aber bereit ist, einer scheinbar unscheinbaren Vase etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken, kann darin eine ganze Welt entdecken.

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Objekte im Dialog
25.09.2025
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