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Eckart Köhne auf Tauchgang
© Badisches Landesmuseum
von Marvin Gedigk
9
min Lesezeit

Im Interview mit Eckart Köhne

„Zehn Jahre Urlaub? Von wegen!“ – Ein Interview mit Eckart Köhne

Eckart Köhne über die Zukunft des Badischen Landesmuseums während der Generalsanierung.

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Seit dem 29. September 2025 ist das Karlsruher Schloss, Hauptsitz des Badischen Landesmuseums, geschlossen. Der Grund ist eine umfassende Generalsanierung, die sich über ein ganzes Jahrzehnt hinziehen wird. Für die Besucher*innen bedeutet das einen längeren Verzicht auf die gewohnten Ausstellungen im Schloss. Und für die Mitarbeitenden? „Na, dann habt ihr jetzt zehn Jahre Urlaub“, lautet eine der häufigsten Reaktionen aus dem Bekanntenkreis.

Ob das wirklich so ist, erklärt Direktor Eckart Köhne im Gespräch. Ein Interview über verpackte Schätze, neue Standorte, große Herausforderungen – und darüber, warum von Stillstand keine Rede sein kann.

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Seit der Schließung im September ist es rund um das Karlsruher Schloss ruhiger geworden
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Herr Köhne, wie fühlt es sich an, am Montagmorgen vor einem geschlossenen Schloss zu stehen, das zehn Jahre lang nicht zugänglich sein wird?

Das ist tatsächlich ein seltsames Gefühl. Unser Schloss steht ja nach wie vor mitten in Karlsruhe, es ist sichtbar, es ist da – und gleichzeitig bleibt es uns für viele Jahre verschlossen. Man kann noch ins Foyer, wenn man den Schlüssel hat, aber schon nach wenigen Metern stößt man auf Absperrungen. Es ist eine Situation, die wir so noch nie hatten, und ich glaube, die ganze Dimension dieser Veränderung wird uns erst nach und nach bewusst werden.

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Ein leeres, weiträumiges Treppenhaus mit Marmorplattenboden.
Das Foyer ist ab sofort nur noch für Mitarbeitende zugänglich
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters
Vier Rollenkäfige in einem hellen Raum, beschriftet: "Gruppenschließfach".
Auch die Gruppenschließfächer bleiben bis auf Weiteres leer
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Aber für Außenstehende klingt das ja fast nach einer verlockenden Vorstellung: Türen zu, Arbeit vorbei. Stimmt das Bild vom „Zehnjahresurlaub“ also doch ein bisschen?

Nein, ganz und gar nicht. Für uns klingt diese Frage fast absurd, auch wenn ich verstehen kann, warum sie so häufig gestellt wird. Schon im normalen Museumsbetrieb denken viele: „Montags habt ihr doch frei, da ist geschlossen.“ Aber gerade montags arbeiten wir am meisten, weil wir dann ungestört in die Sammlungen können und technische Aufgaben erledigen. Im Prinzip verhält es sich jetzt ähnlich, nur in größerem Maßstab. Museumsarbeit besteht eben nicht nur aus öffentlichkeitswirksamen Ausstellungen. Ein großer Teil unserer Arbeit ist unsichtbar – wie bei einem Eisberg liegt das meiste unter der Wasseroberfläche.

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Eine Person bringt gelbes „Packed“-Klebeband auf einem Karton an, um ihn zu verschließen.
Im Karlsruher Schloss wird derzeit abgebaut und verpackt
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

Was genau passiert hinter den Kulissen während der nächsten Jahre?

Wir besitzen rund eine halbe Million Objekte, von antiken Vasen über osmanische Kunst bis hin zu Alltagsgegenständen aus Baden. Diese Sammlungsstücke werden ständig überwacht, konservatorisch betreut und wissenschaftlich bearbeitet. Allein im Schloss waren zuletzt rund 17.500 Stücke ausgestellt – die müssen vor den eigentlichen Bauarbeiten nun alle sorgfältig aus den Vitrinen genommen, begutachtet, fotografiert, verpackt und in Depots eingelagert werden. Das ist eine Mammutaufgabe für Restaurator*innen, Kurator*innen und Techniker*innen, die uns viele Monate beschäftigen wird. Und gleichzeitig laufen Forschung und Digitalisierung weiter, unabhängig davon, ob das Haupthaus geöffnet ist oder nicht.

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Zugleich entstehen spannende neue Forschungsprojekte. In Staufen etwa arbeitet unsere Außenstelle für Alltags- und Regionalkultur gemeinsam mit den Universitäten Freiburg und Tübingen sowie dem Landesmuseum Württemberg an einem von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekt. Ziel ist es, gegenwärtige gesellschaftliche Prozesse museal zu dokumentieren – also die Gegenwart selbst „ins Museum zu holen“. Dabei entstehen neue Formate wie mobile Ausstellungen, in denen Alltagskultur nicht nur gesammelt, sondern auch unmittelbar vermittelt wird. Ein weiteres Beispiel ist das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt 3D4Vases, bei dem rund 600 antike griechische Keramiken digital erfasst werden. Die beteiligten Wissenschaftler*innen werden in diesem Projekt ein wissenschaftliches Beschreibungsvokabular entwickeln, das internationale Vergleichbarkeit und Zusammenarbeit ermöglicht.

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Robotikarm mit Kamera scannt antiken Krug auf einem Podest in einem Labor.
3D-Digitalisierung antiker Vasen im Projekt 3D4Vases
© Badisches Landesmuseum, ARTIS-Uli Deck

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Wir wollen die Schließzeit und die zahlreichen Entwicklungen im Museum aber auch medial begleiten. Die Kolleg*innen der Abteilung Kommunikation berichten von unseren Projekten, erklären Hintergründe und informieren über Fortschritte in verschiedenen Medien. Gleichzeitig entwickelt die Kulturvermittlung neue Formate für unterschiedliche Zielgruppen, die während der Schließzeit stattfinden – etwa in unseren Wachhäuschen, bei Stadtaktionen oder im Museum beim Markt. Und auch im digitalen Raum bleiben wir präsent und vermitteln mit verschiedenen Angeboten unsere kulturhistorischen Inhalte, wie zum Beispiel durch unseren Digitalen Katalog oder durch eben dieses digitale Magazin.

Man merkt: Die Schließung verändert zwar den Arbeitsort, aber nicht den Arbeitsalltag. Es wird weniger gezeigt, aber umso mehr vorbereitet, erforscht und vermittelt. Wenn das Schloss wieder öffnet, soll die Arbeit, die jetzt im Verborgenen geschieht, die Grundlage für ein Museum der nächsten Generation bilden.

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Einige Objekte sind als Leihgaben weiterhin in anderen Museen zu sehen, so auch diese Kylix, die derzeit im LWL-Museum für Archäologie und Kultur in der Sonderausstellung "Mahlzeit! Wie Essen uns verbindet" besichtigt werden kann
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Heißt das, Ausstellungen spielen in den kommenden Jahren eine kleinere Rolle?

Nicht unbedingt. Wir hören ja nicht auf, Ausstellungen zu machen. Sie finden nur an anderen Orten statt. In Baden-Baden etwa kooperieren wir mit der Staatlichen Kunsthalle, in Staufen gibt es jährlich Sonderausstellungen im Keramikmuseum. Hinzu kommen Pop-up-Formate und kleinere Präsentationen. Und in Karlsruhe selbst bleibt das Museum beim Markt ein wichtiger Ort, an dem wir das Publikum informieren und einladen, uns über die Schulter zu schauen. Stillstand gibt es also nicht, vielmehr verlagern und verändern sich unsere Aufgaben.

Auf welche Projekte freuen Sie sich persönlich am meisten?

Besonders spannend finde ich die neue Zusammenarbeit mit der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Die Kunsthalle hat keine eigene Sammlung, sondern zeigt wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Diese mit unseren historischen Objekten zu verbinden, ist eine Herausforderung – und eine große Chance. Der Startpunkt dieser Kooperation wird ein bunter Blumenstrauß zur Begrüßung, oder besser: die Ausstellung BloomUp! ab Juni 2026. Dort zeigen wir die vielfältigen Bedeutungen der Blume, von der Antike bis in die Gegenwart, und bringen unsere Sammlungen in einen Dialog mit der zeitgenössischen Kunst. Insgesamt fünf Jahre lang werden wir dort Programme umsetzen, das ist eine völlig neue Erfahrung für unser Haus.

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Die Kunsthalle Baden-Baden wird für fünf Jahre zum geinsamen Ausstellungsort des Badischen Landesmuseums und der Kunsthalle Baden-Baden
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Wenn Sie von dem Vorhaben sprechen, ein Museum der nächsten Generation zu entwickeln, wird deutlich, dass Sie die Sanierung nicht nur als Einschränkung, sondern auch als einen Raum der Möglichkeiten verstehen. Welche Schwerpunkte setzen Sie hier?

Wir sind Nutzende des Gebäudes. Die eigentliche Baustelle obliegt dem Amt für Vermögen und Bau BW. Als Museumsfachleute beschreiben wir, wie ein zukunftsfähiges Museum aussehen kann und beteiligen uns so an dem Sanierungsprojekt.

Die Sanierung ist für uns eine einmalige Chance, das Museum grundlegend neu zu denken. Das Karlsruher Schloss hat große Defizite – technisch, energetisch, aber auch konzeptionell. Wir bringen uns intensiv in die Planungen ein, um sicherzustellen, dass nach der Sanierung ein zukunftsfähiges Museum entsteht. Das betrifft klassische Themen wie Brandschutz, Heizung und Klimatisierung, aber auch Barrierefreiheit – sowohl baulich als auch bei den von uns vermittelten Themen.

Inhaltlich wollen wir stärker auf Aufenthaltsqualität und Begegnung setzen: ein offenes Foyer, Räume zum Verweilen, Flächen für wechselnde Präsentationen. Die riesige Schausammlung soll etwas schrumpfen, dafür schaffen wir Platz für flexible Formate und neue Vermittlungsansätze. Die Expothek, in der Besucher*innen Objekte direkt einsehen und erforschen können, wird ausgebaut. Ergänzt wird unsere Vorstellung vom Museum der Zukunft durch ein Familien- und Generationenmuseum – ein interaktiver Bereich, der Lernen, Spielen und Erleben verbindet. Unser Ziel ist ein Haus, das nicht nur bewahrt, sondern inspiriert: ein Ort, der offen für neue Besucher*innengruppen ist und Menschen aller Altersgruppen und Hintergründe willkommen heißt.

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Moderner Ausstellungsraum mit Glasvitrinen, historischen Objekten und interaktiven Elementen auf dem Boden.
Die Expothek im Badischen Landesmuseum
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters
Moderner Ausstellungsraum mit Tischen, Vitrinen und historischen Artefakten im Hintergrund. Helle, offene Atmosphäre.
In der Expothek haben Besucher*innen die Möglichkeit, Objekte persönlich einzusehen und zu erforschen
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Sie sprechen von neuen Besucher*innengruppen. Welche gesellschaftlichen Entwicklungen spielen da hinein?

Wir erleben gerade, dass sich die Gesellschaft rasant verändert. Das klassische Bildungsbürgertum, das Museen früher selbstverständlich besucht hat, schrumpft. Gleichzeitig wächst der Wunsch nach kulturellen Orten, die emotional ansprechen und Identität stiften. Wir müssen uns also öffnen.

Hinzu kommt der demografische Wandel: Wir werden älter, diverser und unsere Lebensrealitäten verändern sich. Museen müssen darauf reagieren – mit inklusiven Angeboten, unterschiedlichen Sprachniveaus, barrierearmen Zugängen. Das Thema Diversität spielt eine große Rolle. Wir möchten, dass sich die Gesellschaft in unseren Inhalten wiederfindet, und arbeiten deshalb an einem Diversitäts-Audit, das uns hilft, bisherige Strukturen und Perspektiven zu überdenken.

Und schließlich wirkt der Klimawandel auf unsere Arbeit: steigende Energiekosten, veränderte Klimabedingungen, neue Anforderungen an Sammlungsschutz und Nachhaltigkeit. Diese Themen greifen alle ineinander. Die große Aufgabe besteht darin, das Museum so weiterzuentwickeln, dass es relevant bleibt. Beides zusammen – ökologische Verantwortung und gesellschaftliche Öffnung – wird unsere Arbeit der nächsten Jahre prägen.

Klingt nach einer Menge Arbeit. Gibt es denn schon eine klare Vision für das wiedereröffnete Schloss?

Wir haben ein Grundgerüst: Schausammlungen, semi-permanente Ausstellungen, flexible Flächen, eine große Expothek, dazu das Generationenmuseum – über einiges davon haben wir hier ja bereits gesprochen. Aber die Details wollen wir bewusst erst in ein paar Jahren festlegen. Schließlich soll das Museum, das wir in einigen Jahren eröffnen, auf der Höhe der Zeit sein – und nicht einem Konzept folgen, das schon bei der Eröffnung veraltet wirkt.

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Können Bürger*innen in diesen Prozess eingebunden werden?

Auf jeden Fall. Wir haben gute Erfahrungen mit Beteiligungsprojekten gemacht – Bürger*innenbeiräte zur Digitalisierung, Co-Creation bei Ausstellungen, zuletzt Workshops zur Sanierung. Solche Formate wollen wir fortführen. Und das Museum beim Markt bleibt die zentrale Anlaufstelle, in der wir über Baufortschritt, Konzepte und Partizipation informieren. Dort wird es in den kommenden Jahren viele Möglichkeiten geben, mitzumachen und eigene Ideen einzubringen.

Kinder und Erwachsene gestalten gemeinsam farbenfrohe Projekte in einem kreativen Raum mit sichtbaren Stiften und Materialien.
Sinnes-Workshop für Famlien im Rahmen der Bürger*innen-Beteiligung „Museum mitgestalten“
© Badisches Landesmuseum, Artis-Uli Deck

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Und wenn doch einmal Zeit für privaten Urlaub bleibt – wohin zieht es Sie?

Meine Frau und ich sind seit 25 Jahren gemeinsam auf Tauchreisen unterwegs, quasi rund um den Globus, und wir werden vor Weihnachten noch mal ins Wasser abtauchen. Aber das ist natürlich nur ein kurzer Ausflug – von einem „Zehnjahresurlaub“ kann keine Rede sein.

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Direktor und klassischer Archäologe, Prof. Dr. Eckhart Köhne
© Badisches Landesmuseum, Hannes Deters

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Am Ende bleibt festzuhalten: Das Badische Landesmuseum hat in den kommenden Jahren nicht weniger, sondern eher mehr Aufgaben. Aus verpackten Objekten, neuen Ausstellungsorten und frischen Ideen wächst ein Museum der Zukunft.

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Echos

Wenn Sie noch einmal eine Sonderausstellung kuratieren könnten, welches Thema würden Sie wählen?

Eckart Köhne, Direktion

Gibt es ein besonderes Erlebnis im Badischen Landesmuseum, dass Sie überrascht hat?

Eckart Köhne, Direktion

Was ist Ihr Lieblingsobjekt im Badischen Landesmuseum?

Eckart Köhne, Direktion

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31.10.2025
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